Weißt du, was das hier ist? Hier auf meinem Hemd, diese winzigen kleinen schimmernden Punkte? Das ist Glitzer, von einer echten Goldglitzerfee. Du glaubst mir nicht? Aber ich schwöre dir ich sage die Wahrheit.
Gestern feierte ich mit Freunden ein rauschendes Fest, in einem wunderschönen Garten. Kein Garten, wie man ihn hinter jedem Haus findet, mit kurzgeschnittenem englischen Rasen und sauber getrimmter Hecke, nein. Dieser Garten war wild und schön. Voller verschlungener Pfade und versteckter Ecken. In den Bäumen hingen tausende Lichter, winzige kleine, die wie Schwärme von Glühwürmchen waren, und auch riesig große Lampions, deren Leuchten den Garten in zauberhaftes Licht tauchte. Wahrscheinlich war es dieses Leuchten, das sie angelockt hatte, vielleicht war es aber auch die Musik und das Lachen.
Die Musik kam von ganz hinten aus dem Garten. Wenn man nämlich an den reich gedeckten Tischen vorbeiging, die vorne standen, und sich an den Beeten vorbei und durch die Hecke schob, dann stand man plötzlich vor einem riesigen bunten Zirkuszelt. Davor stand ein Feuerspucker, der die Flammen tanzen ließ und eine tosenden Menge jubelte ihm zu, wie er erst drei, dann vier und schließlich sogar fünf Kugeln gleichzeitig jonglierte, während er einen brennenden Hoola Hoop reifen um seine Hüften kreisen ließ. Dann ging drinnen die Show los, und was für eine. Die besten Tänzer, Sänger und Geschichtenerzähler waren dort versammelt um Ihr Können zu zeigen. Gerne würde ich hier all die Wunder berichten, die gezeigt wurden, von Mogli und dem kleinen Äffchen mit dem Hut erzählen und vom Honketonk. Aber das wäre eine ganz andere Geschichte.
Jedenfalls war ich von der Schau noch ganz benebelt, denn am Ende waren schließlich sogar leibhaftige Kamele durch das Zelt geritten. Deshalb habe ich wohl auch die Lampe nicht gesehen, als ich hinaus bin. Gerade wollte ich mich umdrehen, da – zack – hatte ich mir auch schon den Kopf gestoßen, und die Lampe fiel mit seltsam hellem Klingeln zu Boden. Ich fluchte laut und erschrak beinahe zu Tode, als die Lampe zurückfluchte.
„Hey, kannst du nicht aufpassen du riesiger Tölpel“ fiepste die Lampe. „Du kannst bloß hoffen, dass ich mir keinen Flügel verknickt habe.“
Ich beugte mich verwundert hinab und stellte zu meinem Erstaunen fest, dass das Leuchten, das ich für eine Lampe gehalten hatte, in Wirklichkeit von einem kleinen Mädchen mit goldenen Haaren und winzigen Flügel ausging, die in allen Farben des Regenbogens schillerten. Sie war über und über mit goldenen Glitzer bedeckt, doch ihr Kleid schimmerte kaum noch, wie es komplett dreckig und zu gestaubt war. Die kleine Fee war nämlich geradewegs in einem Maulwurfshügel gelandet.
„Verdammte Axt“ schimpfte die Fee „So ne blöde Kacke, mein schönes Kleid ist voll im Arsch. Was mach ich denn jetzt?“ Und weil ich nicht so recht wusste, was ich darauf antworten sollte, sagte ich nur:
„Na, sollte eine Fee denn so schimpfen?“ Was Besseres war mir einfach nicht eingefallen.
„Wie ich rede, geht dich Garnichts an, du riesiger Grummelgru“ keifte die Fee zurück und musterte mich vom Hut bis zu den Sohlen. Und während ich noch überlegte, was ich darauf jetzt antworten sollte, sagte sie bestimmt:
„Glotz nicht so blöd und gib mir wenigsten deinen Hut.“
„Das kann nicht, den habe ich heute erst von der verrückten Hutmacherin bekommen. Die mag es gar nicht, wenn man ihre Hüte verbummelt, und außerdem ist der dir doch viel zu groß“ entgegnete ich, auch wenn es ein bisschen geflunkert war. Die Hutmacherin hätte mir bestimmt noch einen Hut gemacht, sie hatte mich nämlich sehr gern.
„Ich will ihn ja auch nicht aufsetzen, aber du siehst doch, dass ich dringend baden muss, also hab dich nicht so und stell den Hut da hin. Du hast mir schließlich mein Kleid ruiniert.“
Naja, da hatte sie schon Recht, also nahm ich meinen schwarzen Zylinder vom Kopf und stellte ihn ins Gras. Und während ich noch überlegte, wo ich jetzt Badewasser hernehmen sollte, hüpfte die Glitzerfee kichernd in den Hut, der sich wie von Zauberhand mit dampfendem Wasser füllte.
Die Fee lachte und kiekste und planschte ausgelassen in ihrem Badehut und grinste mich immer wieder neckisch an. Sie sah dabei so fröhlich aus, dass ich am liebsten zu ihr in den Hut gesprungen wäre, aber da passte ich nun wirklich nicht hinein. Stattdessen nahm ich meine Gitarre zur Hand und spielte ein altes Vagabundenlied, dass ich neu entdeckt hatte. Die kleine Glitzerfee sang laut und ausgelassen, wenn auch etwas schief mit, aber das störte nun wirklich niemanden.
Dann erhob sie sich aus ihrem Bad, nun in vollster Glitzerfeenpracht strahlend, winkte mir zu, lachte schelmisch und schleuderte mir mit einer lässigen Handbewegung das ganze Badewasser ins Gesicht. Ich pruste vor Lachen und wischte mir das Wasser aus den Augen, doch als ich sie wieder aufschlug, da war die kleine Goldglitzerfee verschwunden.
Ich erwachte am nächsten Morgen müde und erschöpft, aber doch glücklich von der Feierei, auf dem Boden des Zirkuszeltes. Um mich herum lagen meine Freunde, mit denen ich letzte Nachte so viel gefeiert, gesungen und gelacht hatte. Schwermut erfasst mich mit einem Mal, wusste ich doch, dass ich nun weiterziehen und meine Freunde und den Garten mit dem goldenen Mädchen verlassen musste. Denn in der echten Welt ist kein Platz für Glitzerfeen. Traurig packte ich mein Bündel ein und nahm meinen Hut zur Hand.
Doch als ich ihn aufsetzen wollte, da rieselte der Glitzer auf mich herab, den die kleine Fee beim Baden verloren hatte. Er legte sich golden auf meine Gesicht und meine Haare und mein Hemd, und da wusste ich, dass ich noch etwas vom Zauber der letzten Nacht mit in die echte Welt würde nehmen können.
Von der kleinen Fee aber habe ich nur dir erzählt. Wer glaubt schon sonst an Goldglitzerfeen.
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