Corona-WG, Tag 3: Faster than Stress

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Langsam gewöhnen sich auch meine Kollegen daran. Der Vorteil vom Homeoffice: Man kann bis kurz vor Arbeitsbeginn schlafen und sehen auch die meisten aus. Ich schlafe aktuell schlecht. Mir fehlt mein 1,40 m Bett. Zu zweit auf 90 cm ist halt schon eng. Wecker klingelt früher als sonst, weil ich Angst habe, dass der Zug ausfällt. Ich bin innerhalb von zwei Tagen Meisterin darin geworden, in knapp 15 Minuten nach dem Aufstehen aus der Türe zu sein. Was mensch nicht alles schaffen kann, wenn mensch muss. Ich stehe unter Strom, weil hier im Radiosender so viel zu tun ist. Interviews ausmachen, aufzeichnen, schneiden, Artikel schreiben, redigieren und online stellen. Das Vor-Ort-Personal ist mir dabei ziemlich im Weg. Ich verstehe es nicht so genau. Wir machen sonst total langweiligen Mist, der mit Stars und unnötigem Zeug zu tun hat. Jetzt haben wir die Chance, die Hörer*Innen zu informieren und ihnen Ablenkung zu bieten und es kommt irgendwie keiner aus dem Arsch. Schon irgendwie seltsam, oder?

Ich hatte heute ein tolles Erlebnis: Ein total tolles Interview mit Deliah. Sie ist eine Studienkollegin meiner besten Freundin und Sozialpsychologin. Wir haben uns über Hamsterkäufe unterhalten und über den Lagerkoller und über die ganze Situation allgemein und es hat mir viel gegeben, mit ihr zu telefonieren.

Nachdem ich heute auch wieder 11 Stunden im Büro und 14 Stunden unterwegs war, ist der Tag noch nicht vorbei. Ehrenamt muss auch noch sein. Für die Campusmedien der Uni Erlangen mache ich einmal im Monat eine Morningshow, in der es darum geht, deinen Hass einfach mal rauszulassen. Und das geht natürlich am Besten mit gscheidem Metal. In Anbetracht der Situation habe ich aber beschlossen, das Ganze aufzuzeichnen und abends im Rundfunkstudio in Erlangen einzuspielen. Hat den Vorteil: Ich muss nicht so früh aufstehen und kann meinen Hass auch schon heute rauslassen. Das Gespräch mit Deliah habe ich direkt so übernommen, weil ich hoffe, es hilft vielleicht jemand anderem, der es hört.

Nach 16 Stunden bin ich zurück in der Corona WG. Hank hat sich gut eingelebt. Er chillt viel auf dem Bett und sieht ganz vergnügt aus. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ihm der Große genug Aufmerksamkeit schenkt. Ich werde ihm eine extra Knuddeleinheit geben.

Nach einem solchen Tag machen wir, glaube ich, das einzig Vernünftige: Wir spielen Faster Than Light. Ein Strategiespiel im Weltraum, bei dem man seinen Verfolgern entkommen muss. Der Große ist der Captain, ich nehme seine Anweisungen entgehen und nach einer Weile schnalle ich auch, wann ich die linke und wann die rechte Maustaste drücken muss. Mir war das Spiel früher irgendwie zu kompliziert, weil alles Schlag auf Schlag passiert. Eigentlich ist das so wie jetzt, nur dass mensch in FTL deutlich öfter die Pausetaste drücken kann und muss. Vielleicht übernehme ich das jetzt auch.

-Lea K.

Add-On: Hier das tolle Interview mit Deliah zum Thema Hamsterkäufe und Isolation

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