Corona-WG, Tag 21, 22… We used to call it Wochenende

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Yay, Wochenende. Obwohl das aktuell ja auch nichts anderes ist als jeder andere Tag, außer, dass du am Sonntag nicht einkaufen gehen kannst. Also sind wir am Samstag rausgegangen, um genau das zu tun. Erstaunlicherweise ändert sich im quasi Lockdown eine Sache nicht: Samstags ist im Einkaufen echt viel los. Viele tragen Masken und achten auf zwei Meter Sicherheitsabstand. Aber längst nicht jeder und längst nicht immer. Besonders deutlich wird mir das in der Molkereiprodukteabteilung. (oder wie heißt das genau? Keine Ahnung). Tatort war auf jeden Fall das Kühlregal mit dem Joghurt. Einige Leute stehen rum und warten, dass andere Leute sich endlich das entsprechende Produkt aus dem Regal nehmen, es in ihren Einkaufswagen legen und verschwinden. Schein gar nicht so einfach zu sein. Andere wiederum drängeln sich durch, um an eine Packung Skyr zu kommen, als würde ihr isländisches Molkereiprodukt den übrig gebliebenen Rest ihres Lifestyles retten. Ich dachte eigentlich, dass Klopapier der absolut geilste Loot dieser Viren-Apokalypse wäre. Habe ich mich wohl geirrt. Es ist der fettarme Frischkäse. Wieder was gelernt. Gibt es eigentlich deswegen so wenig Konservendosen, weil die Menschheit jetzt nur noch zu Hause kochen kann? Sind die ganzen Leute sonst immer Essen gegangen? Es scheint fast so. Ansonsten kann ich mir nicht erklären, warum gerade scheinbar alle auf Dosenessen abfahren. Was mich aber wundert ist, dass in der Alkoholabteilung alles bestens ist. Sollten wir nicht mehr trinken, um uns von innen zu stärken und uns etwas Freude zu verschaffen? Offensichtlich sind gerade so sehr am Selbstoptimieren, dass sie vergessen, dass mensch sich manchmal gepflegt einen hinter die Binde zu kippen.

So wie ich gerade. Es ist Sonntag Abend. Ich spiele Cards Against Humanity oder versuche es zumindest, wenn nicht mein blöder Rechner, das Internet oder Cthulhu ständig reinpfuschen würde. Ich sitze in einer Video-Trink-Konferenz. Sollten wir alle öfters machen. Mit Leuten interagieren, und sei es nur per Video-Schalte, einfach mal sinnfreie Sachen machen, die den Kopf leeren.

Ich versuche immer noch einmal am Tag raus zu gehen, um Normalität zu haben. Obwohl ich mich grade echt frage, was das sein soll. Klar, ich habe mich schon öfter in meinem Leben gefragt, was normal ist. Gerade in Zeiten des Umbruchs, in denen ich mein eigenes Leben und meine Entscheidungen hinterfragt habe. Welcher Lebensentwurf ist normal? Welches Gehalt ist normal? Welche Beziehung ist normal? Was ist dieses normal? Ist es nicht das, was gewöhnlich ist? Was wir kennen? Was wenn wir die nächsten Monate genau das als neue Normalität kennenlernen? Körperliche Distanz, Life on the edge, Leben auf 19 qm in einem Wohnheimszimmer, wo das Highlight der spontane Sex, das gemeinsame Essen oder die Flucht an den kulturellen Happy-Place aka eine Serie, ein Film oder ein Computerspiel, das mensch gemeinsam spielt, ist? Wo man andere Menschen nur noch in mäßiger Qualität über einen Bildschirm sieht und hofft, dass das gemeinsame Momente produziert. Versteht mich nicht falsch, ich finde es geil, dass es das gibt und wir mit Menschen in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten in Verbindung treten können. Uns fehlen auch Dinge, über die wir uns unterhalten können. Ich habe mich heute mit einer guten Freundin unterhalten, aber nachdem alle “Corona-Isolations-News” ausgetauscht waren, blieb nicht mehr viel übrig. Es gab nichts mehr zu sagen. Weil jeder Tag dem davor ähnelt. Wie bei diesem Film mit dem Murmeltier. Oder war es der mit dem Kuckucksnest? Auch egal. Wir erzählen uns gegenseitig, wie es in der Krise geht. Aber sonst? Nicht viel los. Worüber wir uns noch unterhalten können sind die kleinen Ziele, die wir in unseren eigenen vier Wänden erreichen können. Vielleicht sind deswegen alle auf diesem Selbstoptimierungstrip?

Außer meinem Nachrichten-Bot habe ich keine tagesaktuellen Nachrichten geschaut, gehört oder gelesen. Es ist nett, einfach mal weg zu sein, sich noch einen Wein oder ein Bier aufzumachen und die Welt sich selbst zu überlassen. Morgen ist schon wieder Montag und wir wissen alle, was das heißt. Eine neue Woche, von der keiner weiß, was am Ende daraus wird.

-Lea K.

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4 Responses to Corona-WG, Tag 21, 22… We used to call it Wochenende

  1. Der Lukas says:

    Video-Trink-Konferenzen sind großartig! Wir haben uns gestern Abend zu zwölft verabredet und ne Verkleidungsparty gefeiert. Ich kurz zur Tanke um Bier nachzukaufen, mit der studentischen Verkäuferin hinter ihrer Glasscheibe interagiert, die mein Kostüm toll fand. “Hätte ich vor nem Monat nie geglaubt, dass es soviel Spaß macht, sich über Skype mit Leuten vor dem Laptop zu betrinken,” meinte sie…! Recht hat sie.

  2. Vera says:

    Ich wusste, dass Lukas diese Episode zitieren wird als Kommentar zu diesem Post! 😀
    Vorteil von Videokonferenzen auch: Virtuelle Hintergründe!

  3. Lea says:

    Virtuelle Hintergründe sind auf jeden Fall gut, um die Wohnung spontan aufzuhübschen!
    Trinken von zuhause aus ist außerdem echt viel billiger als in ner Kneipe xD

  4. Lukas says:

    Ja Wahnsinn, habe ich noch nie so drüber nachgedacht, aber auf den Monat gerechnet sparen wir da echt wahnsinnig viel Geld gerade!

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