Corona-WG, Tag 6: Friyay

Nach einer Woche Homeoffice bin ich entspannter. Ich schaue nicht dauernd auf mein Handy, wenn die Leute was wollen, sollen sie ne Mail schicken oder anrufen. Ich reagiere nicht mehr auf Nachrichten wie “Haben wir das online?”. Ich fasse mir an die Stirn und denke: “Schau doch nach, du Depp!” Wir schicken nicht umsonst jeden Tag eine Mail raus, in der steht, was wir diesen Tag online machen.

12:25 Uhr: Alle warten, dass Markus Söder in der Pressekonferenz die Ausgangssperre verhängt.

12:35 Uhr: Nach fünf Minuten Gelaber ist klar, es gibt “nur” Ausgangsbeschränkungen. Für alle, die sich der Situation angemessen verhalten haben, ändert sich also nicht viel. Danach spricht unser Wirtschaftsminister Aiwanger. Dem kann man eigentlich nicht zuhören. Muss ich aber.

12:55 Uhr: Alle relevanten Infos sind online. Ich warte jetzt darauf, ob jemand mit mir telefonieren kann, damit wir ein Statement für On Air bekommen.

16:30 Uhr: Nach einem großen Hin und Her zwischen dem Innenministerium und der Polizei Mittelfranken habe ich endlich die Töne, die ich brauche.

17:55 Uhr: Feierabend

Die Arbeit hat mir einen Passierschein A38 ausgestellt. Ich arbeite wohl in einem systemrelevanten Beruf. Ob das Innenministerium weiß, dass wir erst seit knapp einer Woche richtigen Journalismus machen? Ich sags besser nicht weiter.

Anfang der Woche habe ich einen Sixpack Rakete gekauft. Aktuell etwas unpraktisch, weil es nur 0,33l Flaschen sind, aber lecker. Und sie liegen immer noch im Büro. Mist. Ansage vom Großen: Du brauchst gar nicht ohne die nach Hause kommen xD

Weil ich eh die Post bei meiner Wohnung checken wollte, mach ich einen kurzen Stop beim Edeka, um Nachschub zu holen. Die Briefwahlunterlagen zur Stichwahl waren im Briefkasten. Und im Trockenkeller habe ich meine Gammelhosen gefunden. Hurray!

Auf dem Weg ins Wohnheim habe ich mit meinem Papa telefoniert. Das erste Mal seit Wochen. Es war schön, ihm alles zu erzählen, was gerade in meinem Leben so abgeht und zu hören, wie es ihm geht.

Ich sehne mich nach 19 qm Ruhe in der Corona WG. Das ständige Remote-Kommunizieren geht mir langsam auf die Nerven. Telefonieren ist ok, aber diese ständige Texten macht mich wahnsinnig. Im Wohnheim angekommen, lege ich es erstmal in die Ecke und bin froh, dass wir entspannte Alleine-Zeit haben. Nicht reden müssen, nur im Moment sein. Die körperliche Nähe spüren und einfach da sein.

Dann klingelt mein Telefon. Meine beste Freundin ruft an. Sie sind dabei, sich kollektiv zu betrinken. Jeder bei sich, verbunden mit irgendeinem Programm. Betrinken könnte ich mich auch, ich will aber nicht. Passiert mir selten. Okay, ein Bier trinke ich trotzdem und dann schau ich mir den Zickenkrieg bei GNTM an, der Große schaut CS: Go. Was für ein Klischee. Dafür werde ich aber morgen den ganzen Tag zocken. Man hat schließlich einen Ruf zu verlieren!

-Lea K.

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