Aufzug III, Bühnenbild:
Der Flüsterpostkasten wird vor dem Theater unterm Dach in der Danziger Straße aufgebaut. Drinnen beginnt soeben das Publikumsgespräch zu “ROSA – trotz allem”, ein Sprechtheaterstück über die Aktualität Rosa Luxemburgs. Der Flüsterpostkasten ist bereit, etwa 35 Zuschauer_innen beim Herauskommen mit Kleinkunst über den Festival-Vortag zu überraschen. Es ist 21 uhr. Das Warten beginnt.
Szene 1, 21.45 uhr:
[dramatische Cello-Musik]
Auftritt eines schreibenden Arbeiters
Ich schreib ja jetzt seit 50 Jahr’n, gegens Kapital
Verse, Lieder, Komisches, die Form ist scheißegal
Straßenlyrik, das ist meins! Ich zeig euch meine Mappen!
Frieden und die Linke wählen! Schreibt das auf eure Pappen!
Was macht ihr hier denn überhaupt, mit all euren Karossen?
Nee neee, bin weg, ich hau jetzt ab, gehabt euch wohl Genossen
Szene 2, 22.15 uhr:
[dramatische Cello-Musik]
Auftritt eines jungen Designers oder Unternehmers
Nanu, was seid denn ihr für welche? Ich wollte doch entkommen!
Hab mich still davongestohlen, bin noch ganz benommen!
Dort drin entbrennt ein heißer Streit, über die Deutungsweisen
von Kapital und Liebknecht, Marx, und wie sie alle heißen
ein jeder scheint Experte, der Disput ist höchst gespalten
ich hab mein Ticket als Präsent vom Vater bloß erhalten
Ich hoff das warten macht euch Spaß, ich sag’s euch unumwunden
Das dauert sicher, grob geschätzt, noch an die 30 Stunden
Szene 3, 23:00 uhr:
[dramatische Cello-Musik]
Auftritt der Hausleiterin
Oh weh, steht ihr hier immer noch? Das tut mir nun ja leid!
Ihr müsst verstehen, die Diskussion, die trat sich doch recht breit!
wir dachten ihr seid sicher schon/ abgedampft inzwischen
Die Zuschauer, die haben sich, längst hinten rausgeschlichen
Endbild:
Das Cello beginnt zu spielen, der Flüsterpostkasten beginnt mit seiner Vorstellung für die Haustechnik. Straßenlyrik und Solidarität legen sich über die Danziger Straße.
Der Vorhang fällt. Applaus.