Text aus dem Dreiviertel-Kasten

Zum Dreiviertel-Kasten kamen viele befreundete Menschen hierher gereist, für die es der erste Tübingen-Besuch war… Ein Versuch, die ganz besondere Stimmung in dieser Stadt in ein paar Worte zu fassen (vor Ort ganz wunderbar verlesen von Andi)!

->> Hintergrund zum Tübinger Dreiviertel-Kasten

One simply does not walk out of Tübingen!

„Erzählt uns die Geschichte von TüTown!“, haben sie uns gefragt,
„Wo liegt dieses TüTown?“, „Was lebt dort in diesem TüTown?“, „Was geht da vor sich, in diesem TüTown?“, „Was hat das mit diesen drei Vierteln auf sich, von denen man immer wieder gehört hat…?“

Der Weg hierhin ist mühsam und beschwerlich. Wer ihn gehen will, muss ein Kreuz auf sich nehmen, ein unerbitterliches Autobahnkreuz, oder eine endlose Zeit in einer überhitzten Bimmelbahn, die sich schnaubend ihren Weg durch den Wilden Westen der Republik gräbt,
wo die Menschen immer sonderbarer sprechen…

Doch der Weg lohnt sich, das weiß ein jeder, denn die Länder umher sind unerfreulich. Die Reiche sind sich uneins, politisch zerstritten, in Rote und Schwarze Gräben zerteilt.
In der großen Stadt haben sie die Bäume gefällt und Tunnel gegraben, um gewaltige unterirdische Bahnknotenpunkte in die Erde zu schneiden. Die Städte und Türme dort werden von schlimmerem bewohnt als von Orks! Das Böse schläft niemals, es ist nichts weiter als karges Ödland, übersät mit Feuer, Asche und Staub!

One simply does not walk out of Tübingen!!!

Hier aber, in einem Grünen Reich, einer Oase, einer Blase, wo der Neckar sein liebliches Lied murmelt, von Dichtern besungen, unter den saftigen Auen des Schönbuchs,

da lebte,
in einem Loch im Boden
Boris Palmelin.

Nicht in einem feuchten, schmutzigen Loch, wo es nach Moder riecht,
nein, das Loch war eine ökologische Eigentums-Einbauhöhle mit Solarzellen, Fußbodenheizung und zertifiziertem Edelholzbesteck aus japanischer Pinie,

und das bedeutet: es ist sehr komfortabel!

Wie jeden Morgen steigt Boris Palmelin aus seinem Loch, dehnt sich und streckt sich, prüft seine solarbetriebene Taschenuhr gegen den Sonnenstand, und seine behaarten Füße tragen ihn zu dem moosigen kleinen Verschlag vor seinem Haus, wo ein Dächlein das Dorfbrett vor Regem schütz! Es regnet nicht oft, in TüTown, und wenn es regnet, dann duftet es nach fischreichen Bächlein und saftigen Auen, doch das Dorfbrett muss trocken bleiben.

Denn, wie jeden Morgen, zählt der Bürgermeister die kleinen Zettel, die an sein Dorfbrett angebracht wurden. In dieser Nacht waren es zweihundertachtundfünfzig. Alle wollten sie etwas, alle klagten sie, alle hatten sie eine Meinung.
„Dass der Palmelin dauernd sagt, man müsse die Sorgen vor kriminellen Waldläufern ernst nehmen, das finde ich unter aller Kanone“, schrieb einer, „der alte Saruman-Versteher!“. „Gehen Sie doch zur Alternative für Mittelerde“,
stand da, aber auch: „Danke, Herr Palmelin, viel Feind, viel Ehr!“

Boris Palmelin greift zu seinem kleinen hörzernen Etui in seiner Weste, holt einen Federgriffel, ein Fässlein Tinte, Siegelwachs und einen kleinen Stempel hervor, und beginnt wild um sich herum zu schreiben und all seine Repliken mit kleinen Stempeln zu versehen: „Können sie das belegen?“, „Sie haben mein Buch offenbar nie gelesen!“, und natürlich: „Das löst das Problem nicht!“

Doch damit wollen wir die Eigentumseinbauhöhle verlassen und unseren Blick ins Herzen TüTowns richten, wo drei ganz besondere Viertel zu finden sind: Die Wagenburg, die Wennfelder Gärten, und das Französische Viertel, tief im inneren der Grünen Blase unseres Auenlandes, weit weg von den unwirschen Landen, wohin niemand mehr zurück will, der einmal hier im Grünen war.

– Der Lukas

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