Lagerfeuer-Geschichte. Eine Beweihräucherung.

Abschlusstext des Butkastens von Kastenwesen Lukas für das diesjährige Arena-Team und seine Helfer. This one’s for you.

Um Arena zu verstehen, empfehle ich die neuerliche Sichtung des Films „Memento“ von Christopher Nolan. Zu festgelegten Zeitpunkten wird die Festplatte formatiert und alle längst gelösten Probleme müssen wieder neu und zum allerersten Mal bewältigt werden. Bei Christopher Nolan beträgt das Intervall etwa 5 Minuten, bei Arena circa 12 Monate… Das stimmt natürlich so nicht ganz. Es gab immer ein paar Team-Mitglieder, die schon im Vorjahr dabei waren, länger dabei waren, die sich erinnern können an die mythischen Zeiten der Altvorderen: Paläozoikum, Bronze-Zeit, Arena 2012… Es sind die großen Kaliber im Team, die „Big Guns“, die das schon mehrmals machen, durch die unsere Erinnerung ein wenig hinausreicht, in die unscharfen und verschwommenen Gedächtnisränder der Vorjahre. Ihre wettergegerbten Gesichter trotzen schon so lange den höheren Mächten von MGT, Kulturbüro und Ordnungsamt, dass sie mit dem Festival zusammengewachsen scheinen wie eine urwüchsige Eiche mit ihrem Auswurf der Erde.


Die Big Guns konzentrieren sich zumeist irgendwann in ihrer jeweiligen Bastion und fusionieren mit der Substanz ihrer jeweiligen Teambereichs – Öff, K.L., Finanzen – oder sie lassen sich über die Jahre hinweg durch all die kleinen Bastard-Bereiche wehen – Party, Technik, Festivalcafe; früher war das streng hierarchisch unterschieden als „Bereiche mit eigenem Vorstand“ und „Bereiche ohne eigenem Vorstand“. So komisch es für mich ist, mir vorzustellen, dass jemand wie, sagen wir Uli Blanche, (ich weiß, da sagt euch nichts) irgendwann zum ersten Mal in einer Teamsitzung stand und sich ‘das mal so anschauen wollte’, der Umkehrschluss ist viel charmanter: Man fragt sich natürlich schon, ob man nur sehr gut hinschauen muss, jedem im Team und bei den Helfern ganz genau auf zwischen die Ohren stieren muss, dann sieht man es, dann findet man es heraus: Wer in der Zukunft das Gesicht von Arena sein wird, für all die nachfolgenden Generationen, die sich ‘das mal anschauen’ wollen. Big Guns, waiting to happen, waiting to be fired.

Wahrscheinlich wisst ihr das selbst gerade am Wenigsten, ob ihr euch diesen Wahnsinn nochmal geben wollt; das kommt dann in ein paar Wochen: Alles was das Festival sein soll, sein kann, sein wird, kann neu geschmiedet werden, von einer Handvoll Rockstars, als die man sich dann fühlt. Dieses Feeling hatte bei mir immer den Soundtrack von Terminator 2, dieses da-da-dumm-du-dumm, da-da-dumm-du-dumm *Syntheziser setzt ein*! Offene Autobahn bei Nacht, und irgendeine Geschichte fängt jetzt an, die noch geschrieben werden muss.

Aber worum es mir eigentlich geht, das ist diese seltsame und ganz besondere Art von Geschichtsschreibung, zu der diese Erinnerungen dann werden. So merkwürdig es ist, dass der Name Börni irgendwann noch überhaupt nicht im Extended Memory von Arena verzeichnet war, dass das wirklich nur eine Bier-Idee von Götz Greiner bei der Audimax-Besetzung war, Börni zu fragen – noch seltsamer ist es natürlich für mich, dass ihr heute noch nie von Melli Zipf gehört haben wollt, oder von Flo Götz oder Lola Klenke. Aber ich habe meine eigenen Lolas, die heißen dann eben Stefan Goldbach oder Katrin Horn, und dann verliert sich das auch in den Nebeln der Lagerfeuergeschichten, wie man das von den oralen Kulturen bei den Assmanns gelernt hat. Jetzt haben wir zwar diese tollen neuen Medien, um über Facebook Partys zu organisieren. Aber es gibt kein externalisiertes Gedächtnis, das je über ein, zwei Arena-Jahre hinausreicht, nicht mal im Ansatz. Und wenn man mal über die jeweilige ‘Befruchtungen‘, den ‘Mensch wo bist Du’ und das ‘Grenzenlos’ hinausspähen will, dann landet man bei dem, was Eco eine “oneroide Sphäre” nannte: Ein traumlogik-artiger Nebel aus Anekdotik und halbverbundenen Erzählungen.

Halten wir fest: es geht alles weiter. Und der Maßstab des Erfolgs eines neuen Festivaljahres ist ja eh nur die Überwindung unserer komischen Altarena-Maßstäbe. Klar macht ihr die Eröffnung jetzt im Ex! Macht sie euch zu Eigen!
Aber so sehr ihr jetzt zu Arena geworden seid, und in den nächsten Jahren noch weiter werden werdet: neben oder über oder unter dem Festival selbst existiert ein narratives Bewusstsein, eine gemeinsame Story, und die heißt (verwirrenderweise) ebenfalls Arena.
Und das ist eine Lagerfeuergeschichte.
Und Kastenwesen lieben es, sich Stories auszudenken.
Danke, dass wir wieder ein bisschen Blödsinn mit einflechten durften.

Lobhudel aus, Ironie wieder an.

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