Cuxhalden #2: Ein unverschlüsselter Wahrheitsbericht

Dies ist ein unverschlüsselter Wahrheitsbericht über das Frühjahr und den Sommer 2014. Wir haben gesehen, was damals in Cuxhalden passierte. Wir, die Hindenburg, behalten uns das Recht auf den absoluten Wahrheitsanspruch dieses Berichts vor. ZweiflerInnen sind dazu aufgefordert unseren Bericht stichhaltig zu widerlegen, oder für ewig zu schweigen.

Des Weiteren wird auf neue, authentische Klänge verwiesen, die Einzug in die Fürstenwälder gefunden haben…

Musik!

 

Es war ein ruhiger Sonntag-Abend, als der Drache seinen Weg wieder zu uns in die Hindenburg fand.

 

Küche

Johanna hatte gerade große Parmesan-Stücke zusammen mit Basilikum und Zitronensaft in einem Mörser zerstoßen und den großen Topf Pasta vom Herd genommen, als Plinius durch das offene Küchenfenster gerauscht kam. Er flatterte auf den Kühlschrank neben der Tarzan Uhr, legte den Kopf zur Seite und beäugte das bunte Treiben zu seinen Füßen. Der Topf Pasta stand groß und einladend auf dem Küchentisch und Essensdämpfe waberten durch die Gänge und Korridore der Hindenburg.

 


 

Musikwechsel…

Die Drachen waren geteilter Meinung zu Pandragon. Plinius war der empörteste von allen gewesen, ja hatte in dem Panda-Drachen sogar einen Verrat an der Familie der Drachen gewittert. Schließlich war er es auch gewesen, der in Erfahrung gebracht hatte, dass Phil den Ring des Schreibers (einen mächtigen Ring aus der Familie der Drachen, der dem Träger in null Komma nix zu kreativen Ergüssen verhelfen mag; quasi ein mächtiges Werkzeug der epischen Geschichtsschreibung) in Lissabon empfangen werde. Auch hatte er vernommen, dass diverse verschlüsselte Dokumente und Theorien mit dem sogenannten „Erlanger Zerwürfnis“ in Verbindung gebracht wurden, was seine Sorge über den wachsenden Bekanntheitsgrad und die Neugier der Öffentlichkeit gegenüber der sich hier immer mehr verflechtenden Konstellationen um Pandragon nur verstärkte. Und dann das schlimmste: Der Erfolg von Prandragon bei den den CHINESEN! Asien – China – eine der wichtigsten Herkunftsstätten der ganz großen Drachengeschichten feierte nun diese halbe Portion Drache, diesen Drachen-Panda mit seinem dicken Fell, diesen Pandragon mit seinem albernen Röstbambus, der immer so niedlich guckt. Dem Drachen an sich sollten sie weiter huldigen, oder zumindest dem PAN-DRACHEN – stattdessen schien dieser niedliche Plüsch-Panda-Drachen nun die Herzen und T-Shirts aller ehemaligen Drachenbewunderer zu erobern… Eine Frechheit war das. Dieser Sachverhalt beunruhigte die Familie der Drachen sehr, waren SIE es doch, die sich seit Jahrhunderten in den Mythen, Märchen und Steinfiguren der Menschheit etabliert hatten. Und nun sollten sie abgelöst werden, von einem Pandragon, dessen Macher, Beistehende, Verschworene und Verstrittende nun auch noch über den Ring des Schreibers verfügen sollten? Dies sollte verhindert werden. Kaum hatte Plinius, damals als auch Phil und Stefan sich des Nachts in der Hindenburgstraße aufhielten, dies e Gedanken geäußert, wurde ein großes Leuchtfeuer über der Bismarckstraße gezündet. Wir erfuhren erst später, dass es Avion und Philki waren, die hier circa auf Höhe der Phil-Fak-Türme mit einem gewaltigen Drachenfeuer ihren Bruder Karos riefen, um Ordnung walten zu lassen. Doch wussten wir, was zu tun war.

 


 

Ich flog in die Türkei um das Schlimmste zu verhindern… Zum Glück konnte ich Silke davon überzeugen, mir zu glauben. Die Drachen redeten über das alte Domizil des Karos in den Bergen rund um die Schwarzmeerküste.

 

Drachengemäuer

Doch Plinius verriet mir, wir sollten uns direkt nach Istanbul wenden. So suchten wir Karos an dem Ort auf, an welchem er uns angekündigt wurde: Dort wo Europa und Asien ineinander übergreifen, wo Seefahrer seit Jahrtausenden ihre Kreise ziehen, dort wo Türme noch leuchten – weil darin Drachen wohnen. Die Möven zeigten uns den Weg zu ihm.

 

Möven

Wir staunten nicht schlecht, als wir ihn gefunden hatten, den Drachen in seinem Turm. Nicht weit entfernt vom Bosporus, dort jenseits der Galata-Brücke, fanden wir ihn und sein mächtiges Leuchtfeuer, das den gesamten Turm erhellte.

 

Cuxhalden 2_Turm

Er schweifte zu uns hinab und bäumte sich groß vor uns auf. Es dauerte eine Weile, bis wir ihn davon überzeugt hatten, uns nicht zu braten. Er meinte es recht ernst, nachdem er erfahren hatte, dass wir aus Erlangen kamen – dem Ort wo das Zerwürfnis stattgefunden hatte, von dem alle redeten.

Wir versprachen ihm, uns für das Fortleben des Drachenmythos einzusetzen, sodass dieser niemals in Vergessenheit geraten würde. Dafür lasse er uns leben. Gewitzt schlugen wir vor, einen Brief an ein Berliner Kulturnetzwerk zu richten, und diesen zu bitten Karos und seine Brüder in Stahl zu schmieden. Dies gefiel Karos, und als  die ersten Bilder des Lärzer Drachenkollektivs bekannt wurden, war Karos beruhigt und schien sich nicht mehr allzu sehr um Pandragon zu sorgen.

 


 

Musikwechsel…

Währenddessen betrachtete Vinz das ganze aus einer eher distanzierten Position. Sollte dieser unselige Pandragon-Trend denn wirklich so schlimm sein? Konnte er das Mythengefüge dieser Welt wirklich nachhaltig zum Schlechten hin verändern? Um in dieser Sache einen klaren Kopf zu bekommen machte er einen Fokusspaziergang in den verwunschenen Fürstenwäldern, rund um die Heimstatt seiner Eltern. Dort also, wo feuchte Bachauen und karge Karsthügel im Wechsel das Gelände prägen, traf er auf Bronko, den ruhigsten und besonnensten unter den kleinen Drachen, welcher gerade in stiller Pose, auf einem Felsen liegend, über das Tal blickte. Vinz war verwundert und fragte, was er denn so fernab seines Geleges suche. Bronko erwiderte:

„Meine ganze Sippe ist in so hellem Aufruhr wegen der Pandragons, dass ich ihr Gerede und Gezanke nicht mehr ertragen konnte. Dabei ist diese ganze Sache von so geringem Belang, wie man es sich als seriöse mythische Kreatur nur vorstellen kann.“

„Es besteht also keine Gefahr? Schließlich ist der Ring des Schreibers nun in der Hand der Pandragonisten.“

„Und du glaubst dies stellt eine Bedrohung dar? Ich werde dir zeigen, welcher Art das Wesen der Drachen ist!“

Damit erhob er sich und führte Vinz in eine der Karsthöhlen, die in diesem Teil der Welt recht häufig sind. Am Ende dieser sammelte sich Wasser in einem Bassin, dessen Grund man nicht einmal erahnen konnte. Doch Bronko hauchte mit seinem Odem auf die Oberfläche und gab damit einen Blick frei zu den Gebeinen dieser Welt. Dort erblickte man einen Hort von unbeschreiblicher Größe und nur in den Schatten des Blickfeldes konnte man geschuppte Haut erkennen, von der nicht klar war, ob sie einer oder vielen Kreaturen gehörte. Am höchsten Punkt aller Kostbarkeiten fiel der Blick allerdings auf ein eher unscheinbares Objekt, das wohl aus Stahl oder Eisen gefertigt war. Es war ein Ring, der einen Drachen zeigte, der sich selbst in den Schwanz beißt.

**Musik ausfaden lassen oder zu Ende hören, erst dann weiter**

 


Musik!

Gewissermaßen erleichtert, machten wir uns auf den Weg nach Cuxhalden.
Vinz hatte wohl die Bahn genommen, während ich in ein Istanbuler Drachenboot stieg und eine rote Flagge in den kühlen Wind reckte.

 

Drachenboot

Die Sonne färbte alles golden, als ich über den Bosporus schipperte.

 

Bosporus

Als ich mich dem Neckar nährte, schlugen mir hohe Wellen entgegen. Nur einmal als das Wasser ruhiger war, sah ich Andi auf seinem Boot. Er saß auf seinem Fahrrad, welches sich ebenfalls im Boot befand und trat mächtig im Leerlauf in die Pedale, als wolle er es antreiben schneller zu fahren. Als er das Drachenboot erblickte, winkte er mit einer riesigen Pergamentrolle und rief: „Hic sunt Dracones! Die Zeichen sind nah! und fügte, als er meine rote Flagge erblickt hatte, hinzu: „Du hast es vernommen:„es stürmt. Die Drachen sind nah.“

Die Temperaturen sanken, je weiter wir uns Cuxhalden näherten.

Wir trafen uns wieder vor jener Hafenkneipe in Cuxhalden, in welcher wir uns alle verabredet hatten.Dort am Thresen, saß Daniel Voynich mit wichtiger Miene und nippte an seinem Whiskey. Neben ihm Kili, mit einem Bleistift in der Hand und einem neuen Pandragon-Entwurf auf seinem Zettel. Vinz saß auch bereits am Thresen, strich sich über den Bart und blickte versonnen in die Runde. Die Tür schwang auf, und immer wieder kamen neue Leute hinzu. Phil war dabei und Stephan und eine ganze Reihe weiterer Menschen. Dorothea entschuldigte sich für ihre Verspätung, sie habe noch ihren Schlüssel gesucht. Lukas kam außer Atem hinterher und behauptete ein anderer Lukas habe ihn aufgehalten. Vera hob kaum den Kopf als die Tür immer wieder auf und zu schwang, sie schien recht vertieft in einen Potcast zu sein.
Und alle sollten sie heute Abend reden – über die Drachen.
Ich gehe nicht auf die einzelnen Geschichten ein, die so wichtig diskutiert wurden an jenem Abend.
Doch haben WIR uns für die wahren Drachen eingetzt. Dies sollt uns noch von Vorteil sein. Denn eins kann man wohl sagen, sie sind uns nun recht wohlgesinnt.
Über den Wurm Ouroboros hat Vinz desweil geschwiegen.

 


 

Last Song

Die Hindenburg betont erneut den absoluten Wahrheitsanspruch dieses Berichts.


 

 

 

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2 Responses to Cuxhalden #2: Ein unverschlüsselter Wahrheitsbericht

  1. Vera says:

    Ich habe mindestens 22 Lieblingsstellen, aber am allerallerliebsten habe ich vielleicht die Begegnung mit Andi.

    (PS: außerdem möchte ich, dass mir jemand nun einen Topf Pasta kocht, mit zerstoßenem Parmesan & Basilikum & Zitronensaft. WAHHHH.)

  2. Sophia says:

    Hihi.. die Begegnung mit Andi ist tatsächlich auch meine persönliche
    Lieblingsstelle… Ahoi! 🙂

    Also die Johannas machen das Recht gut mit dem
    Zitronensaft, dem Parmesan und dem Basilikum — ich geb bescheid
    wenn sie’s mal wieder tun!
    Vielleicht kommt dann auch Plinius wieder vorbei…

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