Der Ring des Schreibers

Ein neues Gesicht, ein altbekannter Name

Ich darf mich kurz vorstellen: Daniel Voynich ist mein Name. Der Nachname mag in diesem Kontext als seltsamer Zufall erscheinen. Dem ist allerdings nicht so. Wie mein Vorfahre Wilfrid Michael Voynich (dem Entdecker des nach ihm benannten Voynich-Manuskripts) betätige auch ich mich auf einem Forschungsfeld, das heute als historische Mythologie bezeichnet wird.

Doch was bewegt mich dazu, meine Worte auf diesem Portal einzustellen? Der Brief meines guten Freundes Prof. Dr. Tomtom Dietmar Rometsch soll zur Aufkärung dienen:

Andi war es, der mir ein kleines Päckchen übergab. Mit der Bitte ein Gutachten über einen Ring zu verfassen, der ihm mitsammt der beigelegten Fotos und Briefe aus Lissabon zugesandt worden war. Es habe etwas mit dem Verschwinden von Phil zu tun. Das waren die Worte, die er mir mit dem Päckchen auf den Weg gab. Diese kleine Box war seit dem mein ständiger Begleiter und wartete in meiner Tasche geduldig darauf, bis ich mich ihrer annahm. Dem Verlangen konnte ich freilich nicht lange nachgeben. Ich schob es auf meine brennende Neugierde und öffnete die Box, die mir geradezu bereitwillig ihren Inhalt offenbarte. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob nicht der Ring eine, wie auch immer geartete, Anziehungskraft auf mich ausübte! Mir als rationalem Wissenschaftler und Experte war dieser Gedanke selbstverständlich zu wider; ein Gefühl sagte mir aber, dass ich in dieser Sache eine Ausnahme machen sollte und dem völlig Abwegigen auch eine Chance geben sollte. Die Briefe las ich beim ersten Mal rasch, den Bilder würdigte ich nur wenige Blicke. Aber den Ring zog ich an und behielt ihn für eine Weile an meinem Finger. Nichts! Kein sonderbares Gefühl, keine plötzlichen Visionen, keine unerkärlichen Dinge! Mein rationales Ich sollte für kurze Zeit Recht behalten, denn es war scheinbar nichts besonderes an dem Ring.

Nach einigen Tagen aber passierten immer wieder seltsame Dinge, oder meine Wahrnehmung war derart gestört, dass sie Dinge sah, die unmöglich wahr sein konnten! Wasserströme ,die berauf flossen, Feuerzungen, die über festen Steinboden huschten, ……

Ich entschloss mich also dazu dem Spuk wissenschaftlich auf den Grund zu gehen. Nun lässt mich diese Sache nicht mehr los! Er lässt mich nicht mehr los. Der Ring hat mich in seinem Bann!

VERGEBLICH! VERGEBLICH! Alle Bemühungen sind vergeblich! Ich finde nichts. Aber auch gar nichts! Alle scheinbaren Antworten offenbaren tausend weitere Fragen. Eine Hydra, deren Köpfe mir immerzu Fragen stellt!

Ich bitte dich, nehm dich dieser Sache an! Aber lasse dir nicht auch einfallen, den Ring unbedacht anzuziehen! Du hast mein volles Vertrauen. Meine Hoffnung liegt in dir!

Selbstverständlich nehme ich mich diesem Ring und seinen Eigenschaften an!

Der Ring

Ein Bild des Ringes, der nun Gegenstand unserer Untersuchung sein soll, ist offensichtlich von größter Bedeutung für unsere Untersuchung.

Transzendenter Ring aus der Familie der Drachenringe

Die Schlichheit des Ringes fällt dem Laien vermutlich zuerst ins Auge und lässt ihn an dessen Besonderheit zweifeln. Der Fachmann lässt sich davon aber nicht weiter irritieren und bemerkt, dass das wichtigste Merkmal des Ringes – der Stift – von vier Kreisen umschlossen wird. Schon in den 1980er Jahren konnte Gotlob Friedeman einen Zusammenhang zwischen transzendenten Ringen und der vierfachen Umwickelung des zentralen Objekts aufzeigen. Schon die Optik des Ringes lässt also Rückschlüsse auf seine möglicherweise transzendenten Eigenschaften zu. Offensichtlich deutet der Stift, als zentrales Objekt, auf  eine inspirierende Wirkung des Ringes.

Hier sei angemerkt, dass ein Träger, der den Umgang und die Kontrolle von transzendenten Ringen nicht gewohnt ist, höchstwahrscheinlich von den Anregungen des Ringes überwältigt wird und die Kontrolle über seine eigenen Gedanken verliert. Diesen Effekt können wir bei meinem Freund Prof. Dr. Tomtom Dietmar Rometsch beobachten.

Die Farbe und das Material des Ringgerüsts sowie des Stiftes spielen nur eine untergeordnete Rolle. Auf diesen Aspekt werden wir daher nur eingehen, wenn alle anderen Möglichkeiten der Charakterisierung fehlschlagen.

Auftreten des Ringes

Ein wichtigter Schritt bei der historisch mythologischen Einordnung eines Gegenstandes ist der Zusammenhang, in dem selbiger auftrat.

Aus dem Brief, den Anna an Andi schrieb, geht hervor, dass Phil abwesend, fast wie in Trance wirkte, als sie sich in einer kleinen, versteckten Kneipe aufhielten. In dieser Kneipe übergab ein Musiker den Ring an Phil.

Wir schließen hieraus, dass der Ring absichtlich auf Phil abgestimmt wurde und deshalb schon ohne Kontakt eine große Wirkung auf ihn ausüben konnte. Die Annahme, dass Phil keine Erfahrung mit transzendenten Ringen hatte, erklärt Phils Verhalten. Er muss sich jedoch sehr schnell an das Tragen eines solchen Ringes gewöhnt haben, wenn er schon am folgenden Tag wieder einen halbwegs sinnvollen Brief verfassen konnte.

Es ist dem Übergeber des Ringes bzw. dessen Auftraggeber außerdem Absicht zu unterstellen, denn ein transzendenter Ring kann unmöglich eine so große Wirkung auf eine beliebige Person ausüben. Der Ring muss, wie bereits erwähnt, auf eine bestimmte Person abgestimmt werden, um eine solch große Wirkung zu erzielen. Warum jedoch gerade Phil diese Person ist, bleibt zu klären.

Inkarnation des Ringes

Ein tanszendenter Ring hat seinem Wesen nach im Allgemeinen keine spezifische, genau festlegbare Eigenschaften. Jedoch kann er durch einen Inkarnationsprozess bestimmte Eigenschaften erlangen. Entscheident ist dabei neben dem zentralen Objekt die Inkarnationsformel.

Als zentrales Objekt des betrachteten Ringes hatten wir zuvor schon den Stift gefunden. Offensichtlich folgt daraus, dass es sich um die Inkarnation des Ringes eines Schreibers handeln muss. Ein solcher Ring verleit dem geübten Träger außerordentliche Geisteskraft, Kreativität und Weisheit.

Bis jetzt ist noch offen zu welcher Ring-Familie unser Ring gehört. Ein Exkurs in die Familien der transzendenten Ringe würde an dieser Stelle zu weit führen. Er ist aber in unserem Fall auch nicht nötig. Phil berichtet in seinem Brief von dem Musiker, der ihm den Ring übergab. Dieser verwendete das Wort Pandragon. Phil schrieb außerdem, dass er die Worte des Musiker nicht verstanden habe.

Vermutlich handelt es sich dabei um die Inkarnationsformel, die dem Ring seine entgültigen Eingenschaften verleit und seine Inkarnation manifestiert. Bei unserem Ring handelt es sich demnach um ein Ring aus der Familie der Drachenringe, was auch auf Grund des generellen Kontextes nicht all zu sehr überrascht.

Fazit

Der betrachtete Ring stellt sich als ein transzendenter Ring heraus. Genauer als ein Ring des Schreibers aus der Familie der Drachenringe.

 

Hiermit endet fürs Erste meine streng wissenschaftliche Arbeit. Ich hoffe meine Arbeit kann ein wenig Licht in das Dunkel der Unwissenheit bringen, das sich in diesen Kreisen ausgebreitet hat! Es bleiben jedoch immer noch zwei Briefe und zahlreiche Bilder, die einer genaueren Untersuchung unterzogen werden sollten.


Daniel Voynich, 07. Mai 2014

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3 Responses to Der Ring des Schreibers

  1. Ulli says:

    Danke Herr Voynich, dass Sie sich dieser Sache angenommen haben und ich denke, ich kann im Namen aller sprechen, wenn ich bemerke, dass wir schon sehr gespannt auf Ihre weiteren Forschungsergebnisse sind!

  2. Der Lukas says:

    In der Tat… Dies scheint bereits jetzt die etwas voreilig vebreitete Kolportage zu entkräften, Phil habe sich lediglich in einer literarisch-motivischen Fingerübung versucht, wie verschiedentlich im Umkreis von Lukas R.A.W. zu lesen (vgl. http://postkasten.kastenwesen.com/2014/04/23/schuld-sind-immer-die-anderen/). Damit scheint dieses Gutachten abermals dafür zu sprechen, Lukas (und Andi?) versuchten, etwas zu verschleiern oder gar: zu verschließen!
    Hypothese 1: Phil begann unter Einfluss (und Auswirkung?) des Ringes an seiner Helikopter-Oper zu arbeiten.
    Hypothese 2: Sollte es sich bei dem Ring tatsächlich um den von Dorothea beschworenen “Schlüssel” handeln, der wiederum in Lukas’ “Projekt Voynich” eine zentrale Rolle des “Aufschließens” spielt, so schließen sich die beiden Setzungen (Magischer Ring vs. Literaturmotiv) vermutlich gar nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig. Vgl. hierzu Phils Nennung von “symbolischer oder anderer großer Kraft”.
    Hypothese 3: Daniel Voynich (und womöglich gar Prof. Dr. Tomtom Dietmar Rometsch) sind konstitutiv in dem palimpsestischen Prozess verwoben (vgl. auch Name des Schreibers), den sie zu dekonstruieren wähnen.
    Dies ist selbstverständlich reine Spekulation.

  3. Vernichtende Retterin says:

    Was den Ring angeht, ich habe letzte Nacht irgendwas in dem Zusammenhang mit diesem Ring geträumt. Mehr später.

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