Relativität

Die Geschichte soll sich, so berichten es voneinander unabhängige glaubwürdige Zeugen, eben so zu Beginn des letzten Jahrhunderts zugetragen haben. Die Schreiberin versichert ebenso, den Ausführungen der Zeugen nichts hinzugefügt oder die Ereignisse ungebührlich ausgeschmückt zu haben. Um die Richtigkeit zu untermauern, sind Link zu den Indizien eingefügt, die diese Variante stützen:

Vor vielen Jahren lebte in dem kleinen Ort Caputh, fünf Kilometer vor Potsdam, ein Mann namens Albert. Er bewohnte ein hübsches rotes Holzhaus auf einem Hügel über dem Ort mit Blick hinunter auf den großen Schwielowsee. Das Haus hatte eine große Dachterrasse, umgeben von einem weißen Holzgeländer. Die Partys, die Albert auf dieser Terrasse in lauen Sommernächten veranstaltete, waren in der Nachbarschaft legendär. Bis tief in die Nacht hinein konnte man den Klang des Gramophons über den See hallen hören. Was jedoch niemand wusste: in diesen Nächten war auch im nahen Schloss noch jemand wach und lauschte der Musik. Und genauso wusste niemand, dass Albert all die schönen Lieder nur diesem Jemand im Schloss spielte. Denn dieser Jemand war die Prinzessin, die das Schloss Caputh bewohnte, eine Ur-ur-ur-ur-urenkelin der Kurfürstin Dorothea. Albert und sie waren sich eines Abends begegnet, als er am Ufer des Schlossparks nach einem Bad im Schwielowsee aus dem Wasser geklettert war, nackt wohlgemerkt, denn Albert glaubte nicht an Badehosen. Und just in diesem Moment war die Prinzessin aus dem nahen Rosengarten um die Ecke gebogen. Seitdem trafen sich die beiden sooft und so heimlich es ging in den kommenden Sommernächten im Schlosspark. Und weil sie ihre Liebe nicht öffentlich machen konnten, mussten sie sich heimlich Botschaften zukommen lassen. Das war der wahre Grund für Alberts ausgelassene Feste auf der Dachterrasse, denn so konnte er der Prinzessin durch die Liebeslieder nahe kommen. Schließlich begannen die Liebenden sogar, eine eigene Sprache zu erfinden, um sich immer wieder ihre Liebe erklären zu können, in der Sprache der Mathematik. In dieser Sprache schrieben sich Albert und seine Liebste die schönsten Botschaften und niemand sollte jemals ahnen, was sich wirklich hinter der “Relativitätstheorie” verbarg. Doch wie die Geschichte spielt, die Zeiten änderten sich, eine böse Kraft bemächtigte sich des Landes, Albert konnte in Caputh nicht bleiben und musste seine Geliebte zurücklassen. Ganz allein ließ er sie allerdings nicht, denn sie erwartete zu diesem Zeitpunkt ein Kind von ihm. Das Kind kam zur Welt, wuchs auf, wurde erwachsen. Doch dank der verschwiegenen Caputher weiß bis heute niemand von dem secret love child von Albert und der Prinzessin.

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